Leben mit Büchern

Schlagwort: Amerika

Allein, nicht einsam

Es ist Herbst, die Tage sind grau und dunkel. Thanksgiving steht vor der Tür und Emily weiß nicht, ob ihre Kinder und Enkel zu ihr nach Pittsburgh kommen können, oder ob sie wenigstens das Weihnachtsfest mit ihr verbringen werden. Dabei möchte sie doch gerne noch so einiges regeln, schließlich könnte es ja auch ihr letztes Weihnachten sein. Sie muss mit den Verlusten des Alters zurechtkommen, lebt in ihrem großen Haus nur noch allein mit Hund Rufus. Geblieben ist ihr ihre Schwägerin Arlene, mit der sie jeden Dienstag zum Frühstückbuffet ins Eat ’n Park nach Edgewood fährt. Doch immer öfter wandern die Gedanken zurück, zu den Freundschaften mit den ehemaligen Nachbarn, zu ihrem verstorbenen Mann Henry und ihrem Elternsein, und weiter bis zu ihrer eigenen Kindheit in dem kleinen Kaff Kersey. Als Arlene beim gemeinsamen Frühstück zusammenbricht, muss Emily wieder mehr im Hier und Jetzt leben.
Für sie selbst überraschend gehen ihre Gedankenspiele eines Tages sogar weit über die nächsten Wochen hinaus.

Warmherzig, bisweilen auch mit leichter Ironie, erzählt Stewart O’Nan von Emily, und zeigt, dass das Leben auch für alte Menschen noch etwas bereit hält, wenn man das Interesse daran nicht verliert und sich von den körperlichen Einschränkungen nicht unterkriegen lässt. Wenn Emily im Frühling wieder im Garten arbeiten kann oder sich an einem ihr unbekannten Bild von Van Gogh erfreut, zeigt er auch, dass das Glück in den kleinen, einfachen Dingen liegt.
Allein zu sein, bedeutet eben nicht auch gleich einsam zu sein.

In dem wunderbaren Roman Emily, allein können sicherlich auch jüngere Leser Emilys Gefühle und Überlegungen sehr gut nachvollziehen.
Mir erging es jedenfalls so und eigentlich wollte ich danach noch einmal Engel im Schnee lesen, O’Nans Debüt, das mich vor über zwanzig Jahren regelrecht umgehauen hat. Aber auf Seite 37 hat mich wieder diese Traurigkeit erfasst, ich konnte erst mal nicht weiter …

Ja, das ist die große Kunst des Stewart O’Nan, man wird regelrecht angefasst.
Bei Emily, allein hinterlässt das Lesen einen zum Glück eher in heiterer Melancholie und irgendwie hoffnungsvoll.

 

Stewart O’Nan: Emily, allein, aus dem Englischen von Thomas Gunkel, Rowohlt 2012

„Weiter atmen“ für das, was im Leben wirklich zählt

Der Londoner Lehrer Michael Kabongo hat seinen Job gekündigt, hat seinen Besitz der Wohlfahrt übergeben, bis auf ein Buch, das er auf jede Reise mitnahm, und hat in letzter Minute seinen Flieger nach San Francisco bestiegen, um mit seinen gesamten Ersparnissen von 9.021 Dollar auf seine letzte Reise zu gehen.
Sind sie aufgebraucht, „bringe ich mich um.“

Was hat ihn zu diesem Entschluss getrieben, und wie wird diese Geschichte ausgehen?

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Von harten Zeiten erzählt Adrian McKinty in „Der sichere Tod“

„Wir haben 1992. In New York werden jedes Jahr gut zweitausend Leute umgebracht. Es gibt Bandenkriege.“
Und: „In der Bronx leben Zehntausende irische Neueinwanderer. Arme, illegale Halbwüchsige, die vor dreißig Prozent Arbeitslosigkeit und dem Bürgerkrieg geflohen waren“.

Einer von ihnen ist Michael Forsythe aus Belfast.
Michael wollte nicht nach Amerika und wie der Schwager seiner Cousine für den „Geschäftsmann“ Darkey White arbeiten. Aber kurz vor Weihnachten ’91 wurde ihm wegen Sozialhilfebetrugs endgültig die Stütze gestrichen, sodass er keinen anderen Ausweg sah, als doch zu fliegen.

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Weites Land, wertvolle Bibliotheken

Ganz ehrlich? Ein Buch mit dem Titel Die Bücherfrauen lasse ich eher links liegen. Dann fragte ich mich aber, ob denn das Netzwerk Bücherfrauen mit dem Roman zu tun hat und schaute mir erst einmal die Kurzbeschreibung sowie den Originaltitel an. Beides klang dann doch interessanter als der deutsche Titel.

In der amerikanischen Originalausgabe erschien das Debüt von Romalyn Tilghman unter dem Titel „To The Stars Through Difficulties“. Dies ist das Motto des US-Bundesstaates Kansas und gilt gewissermaßen auch für die Charaktere des Romans, die in der dortigen Kleinstadt New Hope aufeinandertreffen.

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Weil nicht sein kann, was nicht sein darf?

In Ulla Lenzes Roman Der Empfänger sind die Protagonisten historisch verbürgt und die Handlung erscheint insofern interessant, dass Spione der deutschen Abwehr in New York am Vorabend des Zweiten Weltkrieges bisher in kaum einem Roman auftauchen.

Erzählt wird die Geschichte des Josef Klein, der 1925 von Düsseldorf nach New York auswanderte. Sein Bruder Carl musste in Deutschland bleiben, weil er bei einem Unfall ein Auge verloren hatte und deshalb keine Einreiseerlaubnis erhalten hätte.
1949 kehrt Josef nach Neuss zum Bruder und dessen Kleinfamilie zurück: von den Amerikanern ausgewiesen.
Carl weiß nur, dass Josef im Gefängnis war, aber nicht warum.

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O. Henrys Geschenk der Weisen

Das Geschenk der Weisen ist eine Anfang des 20. Jahrhunderts erstmals erschienene Kurzgeschichte des US-amerikanischen Schriftstellers O. Henry. Für manche gehört sie zu den schönsten Weihnachtsgeschichten der Welt.

Das Beitragsbild zeigt die von P. J. Lynch illustrierte — und wunderbar stimmungsvoll das winterliche New York um 1910 einfangende — Sanssouci Ausgabe aus dem Thiele & Brandstätter Verlag. Diese enthält auch ein ehrendes Nachwort der Übersetzerin Eva-Maria Altemöller, über das Leben des Autors und die Entstehung eines Weihnachtsklassikers.

O. Henrys Kurzgeschichte erzählt ebenso von einer großen Liebe, die Das Geschenk der Weisen vor allem für Romantiker lesenswert macht.

O. Henry: Das Geschenk der Weisen, Übersetzung des Originaltexts, entnommen aus: „The Complete Edition of O. Henry: The Four Million (1903): Eva – Maria Altemöller, Illustration: P. J. Lynch, Sanssouci by Thiele & Brandstätter 2017,
ISBN der gebundenen Ausgabe 978-3-99056-052-5

In Trumps Amerika

Einem breiten Publikum ist Ingo Zamperoni heute als Anchorman der Tagesthemen bekannt und manchem vielleicht auch noch aus seiner Zeit als ARD-Korrespondent in Washington, wo er viele Jahre lebte.

Mir ist seine Dokumentation über Wanderer auf dem Pacific Crest Trail in bleibender Erinnerung. Der Zuschauer erfährt darin, bewegend und immer ganz nah dran an den Beteiligten, wie diese bis an ihre Grenzen gehen müssen.

Nun hat er mit Anderland ein Buch vorgelegt, in dem er ein Jahr nach der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA einen Schadensbericht  – so der Untertitel – abgibt.

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